ANNE STASZKIEWICZ
SIE MALEN WOHL MIT DEN HÄNDEN IN DEN TASCHEN
20.3. - 2.5.2024
elproject.space
Die stumme Beredsamkeit
In seinem Aufsatz "Politik der Bilder" knüpft Jacques Rangiere an die von Roland Barthes vorgenommene Unterscheidung von studium und punctum an und sieht in dieser doppelten Lesart der Bilder ihr eigentliches Vermögen. Wir können die stummen Worte der Bilder lesen und ihre verschlüsselten Botschaften entziffern, oder wir sehen im Schweigen der Bilder "reine Blöcke der Sichtbarkeit", die sich der Deutung und Sinnhaftigkeit entziehen.
Die Malerei von Anne Staszkiewicz arbeitet im Spannungsfeld zwischen diesen beiden Möglichkeiten des Bildes.
Dafür geht sie zurück an die Anfänge der Moderne, als sich die Kunst von der Repräsentation löste und in ein neues ästhetisches Zeitalter aufbrach.
Meist zeigen ihre Bilder Tiere, vor allem Hunde und Pferde. Aber auch Stofftiere, Glubschis oder Filly-Pferde werden ins Bild gesetzt. Dazu kommt als sich wiederholendes Motiv der Wald.
Doch gerade in den Waldflächen verselbständigt sich oft die Farbe, so dass die Bilder expressiv anmuten.
An anderer Stelle wird Gegenständliches in wenigen Pinselstrichen fixiert und abstrahiert. Trotzdem bleibt Anne Staszkiewicz fast immer der gegenständlichen Malerei verbunden, abstrakte Bilder tauchen in ihrem Werk nur episodisch auf, wenn sie zum Beispiel Kaubonbons auf der Leinwand arrangiert.
Neben diesem doppelten "Sprechen" der Bilder, das Ranciere benennt, fügt Anne Staszkiewicz ihrer Malerei noch eine dritte Stimme hinzu, die ihre Bilder in der Gegenwart verortet: in Form von Sprechblasen legt sie ihren gemalten Figuren Zitate aus der Kunstgeschichte in den Mund.
"Sie malen wohl mit den Händen in den Taschen?", fragt die Stoffkatze und zitiert damit Edgar Degas, während sie selbst sich mit allen Vieren an einen Baum klammert.
"Ein gutes Bild wirkt vor dem letzten Strich unvollendet", ruft ein Fabelwesen in den expressiven Farbschlamm und zitiert damit Paul Klee.
"Pollock bricht rasend aus und verbrennt", wiehert das Pferd einen Satz von Allan Kaprow, als wäre Jackson Pollock der unerzogene Stallnachbar.
"Alle Künstler seit Courbet sind wilde Tiere gewesen", erklärt der Tigervater seiner Familie.
In all diesen Zitaten bricht sich auf ironische Weise die Kunstgeschichte. Sie wird Teil eines bildimmanenten Diskurses und verleiht den Bildern etwas Comic-haftes. Gleichzeitig lesen sich die Zitate wie Kommentare der Künstlerin zur eigenen Malerei und ihren Mitteln.
Anne Staszkiewicz studierte Kunst an der Muthesius Hochschule in Kiel. Sie lebt und arbeitet in Berlin.